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Biografie

Frau Gollong war zeitlebens eng mit ihrer Zwillingsschwester verbunden.

. . . "Es ist unbedingt notwendig, eingehend über das Zwillingspaar Erika und Charlotte Axmann zu berichten, das am 22.11.1901 in Dessau das Licht der Welt erblickte. Beide, sie lesen richtig, denn beide sind aus dem Leben Christian Gollongs nicht wegzudenken. Er hat zwar nur eine der beiden, nämlich Erika Martha Axmann, in zweiter Ehe geheiratet, aber das sich beinahe aufs Haar ähnelnde eineiige Geschwisterpaar, bildete nicht nur auf der Bühne sehr häufig ein Duo, sondern blieb zeitlebens ein nahezu unzertrennliches Paar. Wer waren nun die beiden jungen Damen, die im Frühjahr 1934 dem suchenden „Gast“ den richtigen Weg zum Eingang des Staatstheaters zeigten? Die Tatsache, dass sowohl Christian als auch Erika, eine der beiden Schwestern, ein „schwummeriges Gefühl“ erlebten, das nicht ohne „lebenslange Folgen“ bleiben sollte, machen es notwendig, über dieses Geschwisterpaar eingehender zu berichten. Geboren wurden die Zwillinge 1901 als Töchter des Buchhalters Axmann in Dessau. Nach dem Besuch der Antoinettenschule besuchten beide bis zum 16. Lebensjahr das Dessauer Lyceum, danach die Höhere Handelsschule, um darauf den „Brotberuf“ der Sekretärin zu ergreifen.
Aber es kam anders ! Ein Bewerbungsschreiben, das Charlotte Axmann am 20.08.1924 an den Prinzen Aribert von Anhalt als Vorsitzenden des Kuratoriums des Herzoglich Anhaltinischen Friedrich- Theaters richtete, um als Tänzerin in das Ensemble aufgenommen zu werden, hatte Charlotte Erfolg. Bereits am 2. September erhielt sie eine schriftliche Zusage für ein erstes Engagement für die Gage wurden 120,00 Mark und der Anspruch auf 2 ½ Monate Ferien pro Jahr festgelegt. Charlotte Axmann hatte mit ihrem Selbstlob nicht übertrieben. Sie konnte die Theaterleitung durch ihre gute tänzerische Leistung überzeugen und erhielt bereits im darauffolgenden März 1925 einen neuen Dienstvertrag für ein weiteres Jahr, der eine Erhöhung der Monatsbezüge auf 185,00 Mark vorsah. Die Trennung während dieser Jahre muss für beide Schwestern, die mehr als 20 Jahre alles gemeinsam bewerkstelligt hatten, sehr hart gewesen sein. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Charlotte auf ein erneutes Angebot einer Vertragsverlängerung durch das Friedrich-Theaters nicht einging, hatte sie doch in der Zwischenzeit, mit Sicherheit durch Fürsprache ihrer Schwester Erika, ebenfalls ein Engagement für die neue Spielzeit 1926/1927 am Kasseler Staatstheater erhalten. Nun entwickelten sich die beiden Zwillingsschwestern an ihrer neuen gemeinsamen Wirkungsstätte zu einem unverwechselbaren tänzerischen Duo.
Eine folgenschwere erste Begegnung
Die beiden jungen Damen, die den „Suchenden“ Christian Gollong vor dem Kasseler Theater ansprachen, waren zufällig Erika und Charlotte Axmann. Sie hatten sich inzwischen beim Kasseler Publikum als „Die beiden Axmanns“ ein glänzendes tänzerisches Image aufgebaut. Sie traten sehr oft als Tanzpaar auf und ihre stets nach perfekter Choreographie gestalteten tänzerischen Synchrondarbietungen kann man u. U. mit dem späteren Auftreten der „Keßlerzwillinge“ vergleichen.

Während dieser Zeit hatten sie Erfolg mit der von Erika erdachten Spiegelszene. Hierbei fungierte ein einfacher Rundbogen als imaginärer Spiegel, vor dem sich eine Tänzerin kunstvoll bewegte, während die andere, absolut synchron, allerdings seitenverkehrt, als „Spiegelbild“ auf der anderen Seite agierte. Eine sehr schwierige Tanzszene, die von Erika und Lotte Axmann derart perfekt dargestellt wurde, dass beim Publikum der Eindruck erweckt wurde, als handele es sich tatsächlich um eine einzige tanzende Person.

Der tänzerischen Karriere der beiden ging eine sportlich sehr erfolgreiche Laufbahn im Schwimmsport voraus. Beide entdeckten sehr früh ihre Liebe zu dieser Sportart und im TSV Dessau 06 wurden ihre Talente offenkundig und gefördert. Sowohl Erika als auch Lotte betrieben das Schwimmen als Leistungssport und fuhren auch während des Ersten Weltkrieges und zu Beginn der 20er-Jahremit dem SchwimmclubDessau 06 zu verschiedenen Wettbewerben. Hierbei übernachteten die Sportlerinnen und Sportler aus Kostengründen nicht in Hotels, sondern zelteten auf Campingplätzen. Auch in späteren Jahren erfreute sich diese Liebe zum Urlaub in der freien Natur bei den „Axmanns“ noch sehr großer Beliebtheit und gemeinsam mit Golly machte ihnen das Campen bis in die 50er-Jahre offensichtlich viel Vergnügen. Das Jahr 1921 bedeutete für die beiden talentierten Schwimmerinnen einen sportlichen Höhepunkt. Bei den deutschen Schwimmmeisterschaften in Leipzig wurde Erika Axmann im 100 m Rückenschwimmen deutsche Meisterin, während Schwester Lotte diesen Titel im Brustschwimmen erlangen konnte.
Neben diesem sehr erfolgreich betriebenen Sport hatten Erika und Lotte auch ihre Liebe zum Tanzen entdeckt. Förderte der Vater ihre Schwimmleidenschaft sehr intensiv, so mussten sie die ersten Tanzschritte heimlich unternehmen. Dem Vater waren diese „brotlosen Künste“ sehr suspekt, während Mutter Axmann vom Talent ihrer Zwillinge überzeugt war. Es gelang ihr, den Vater zu bewegen, ihnen den drei Jahre dauernden Ballettunterricht finanziell zu ermöglichen. Aber das Zwillingspaar selbst konnte auch den Vater binnen kurzer Zeit überzeugen, denn auch auf diesem Gebiet machte das sportliche Duo sehr rasche Fortschritte. Das Vorbild der beiden war die an der Dresdener Landesoper als erste Solotänzerin engagierte Lina Gerzer, eine moderne Ausdruckstänzerin. Die große Zahl handsignierter Autogrammkarten dieser Tänzerin im Nachlass der Familie Gollong bezeugt diese Verbundenheit mit der Dresdener Künstlerin.
Während der gemeinsamen Jahre in Kassel waren Erika und Charlotte Axmann mit dem Ehepaar Friederici befreundet und machten mit diesem in ihrer Freizeit Ausflugstouren in die nähere Umgebung Kassels. Hanns Friederici war seit 1928 Oberspielleiter der Oper, verließ Kassel 1932 jedoch wegen der ungesicherten Zukunft des Staatstheaters, um am Nassauischen Landestheater in Wiesbaden ein neues Engagement als Oberregisseur anzutreten. Auf der Rückseite einer Autogrammkarte verabschiedete er sich am 2.7.1932 von Erika Axmann mit folgenden Worten: Fräulein Erika Axmann, der ausgezeichneten Solotänzerin des Kasseler Staatstheaters zu Erinnerung an gemeinsame erfolgreiche Arbeit und an ihren Hanns Friederici. Erika war nicht nur eine „ausgezeichnete Solotänzerin“ sondern betätigte sich auch als Choreografin. So entwarf sie beispielsweise die Tanzszene der Komischen Oper „Die Regimentstochter“, die am 9. März 1933 ihre Erstaufführung in Kassel hatte. Die beiden engagierten Tänzerinnen erlebten hautnah die krisenhafte Zuspitzung zu Beginn der 30er-Jahre in Kassel mit.

. . . Nach diesen unruhigen Monaten des unglückseligen, politischen Umbruchs kam es wieder zu einer gewissen Beruhigung. Die Turbulenzen am Kasseler Staatstheater sollten jedoch erst mit dem Dienstantritt des Intendanten Dr. Franz Ulbrich ein Ende finden. Mit ihm begann eine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung. Das Zwilligspaar Erika und Charlotte Axmann konnte allerdings nicht mehr die Erfolge der Jahre 1928 bis 1932 als tanzendes Duo fortsetzen.
Beide waren nun als Gruppentänzerinnen im Ballett. Auch die Soloauftritte und choreografischen Aufgaben Erikas gehörten der Vergangenheit an. Erika blieb nach ihrer Heirat mit Christian Gollong am 26. März 1936 weiterhin als Tänzerin am Staatstheater, erst mit Ende der Spielzeit 1937/38 beendete sie das Engagement.
Während Golly in Berlin zu Beginn seines Engagements in der Kunz-Bundschuh-Straße wohnte, behielt seine Gattin sowohl die Kasseler Wohnung in der Akademiestraße, als auch die Ferienwohnung in Nienhagen bei. Die beiden Schwestern rückten nun wieder enger zusammen und nutzten häufig das Feriendomizil. Gemeinsam halfen sie während der Sommermonate bei den Erntearbeiten in der Landwirtschaft. Mit dem ungünstigen Verlauf des Krieges verlagerte sich der Lebensmittelpunkt der Familien Gollong und Axmann immer mehr nach Nienhagen. Dann zog 1942 das Ehepaar Axmann aus dem von Bomben bedrohten Dessau ebenfalls dorthin. Kurz vor Kriegsende, inzwischen war auch die jüngere Schwester Eva nach Nienhagen umgezogen, konnte man endlich das frei gewordene eigene Haus beziehen.